In diesem Monat möchten wir uns mit der Gabe der Seelsorge beschäftigen. Ich möchte erwähnen, dass es unmöglich ist, in diesen wenigen Sätzen, den ganzen Umfang dieses komplexen Themas zu beschreiben. Es soll vielmehr Interesse wecken und motivieren, sich mehr mit diesem wunderbaren Thema auseinanderzusetzen.
Ohne die Gabe der Seelsorge wäre Gemeindebau nicht denkbar. Auch wäre es ohne diese Gabe so gut wie unmöglich, dass Menschen in ihr von Gott geschenktes Potenzial gelangen.
Folgender Satz könnte eine mögliche Definition sein:
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Die Gabe der Seelsorge wird u. a. in Römer 12,8 erwähnt. Die Lutherübersetzung drückt es mit folgenden Worten aus: „Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er.“ Das Wort Ermahnung, kann auch mit Trost, Ermunterung oder Zureden übersetzt werden. Im griechischen Urtext wird für Ermahnung das Wort „parakaleo“ verwendet. Rust schreibt, dass es wörtlich „jemanden herzurufen“ oder auch „jemanden ins Vertrauen ziehen“ bedeutet.[1] Die Übersetzer der Neuen Genfer Übersetzung (NGÜ) entschieden sich bei ihrer Arbeit in diesem Fall für den Begriff „Seelsorge“: „Wenn jemand die Gabe der Seelsorge hat, soll er anderen seelsorgerlich helfen.“ Rust schreibt dazu: „Die Paraklese ist also nicht nur das ermahnende, strenge Wort der Korrektur, sondern sie hat vor allen Dingen den Charakter der Nähe und des Beistandes. Das wird auch deutlich, wenn Jesus den heiligen Geist als den Beistand, den Parakleten bezeichnet (Joh. 14,16).[2]
Wenn ich über diese Gabe nachdenke, dann steht mir besonders eine Person aus meinem Bekanntenkreis vor Augen. Sie ist eine Person, die in der Masse nicht besonders auffällt. Wenn aber Menschen mit ihr zu tun haben, dann passiert es häufig, dass sie ihr ihr Herz ausschütten und sich ihr anvertrauen. Das Besondere dabei ist, die Menschen tun das unaufgefordert. Es bricht einfach aus ihnen heraus. Sie wunderte sich schon des Öfteren, dass ihr so persönliche Dinge anvertraut werden. Sie ist keine kompliziert denkende Frau und ist in ihrer persönlichen Struktur eher einfach gestrickt. Aber es sind oft diese einfachen und doch treffenden Worte, die den Menschen weiterhelfen und Mut machen. Ob es ihr bewusst ist oder nicht, sie hat die Gabe der Seelsorge, mit der sie vielen Menschen hilft und Hoffnung schenkt.
Im Rahmen unserer Gottesdienste und anderen Veranstaltungen ist es uns wichtig, für Menschen zu beten und sie zu segnen. Dabei kann es vorkommen, dass sich tiefe und persönliche Gespräche entwickeln. Eine Seelsorgesituation entsteht. So manches spontane Gespräch und Segensgebet hat Wunder vollbracht. Die Gabe der Seelsorge ist ein wunderbares Geschenk, sowohl für den Ratsuchenden, als auch für den Gabenträger. Dennoch möchte ich auch erwähnen, dass sich jeder Gabenträger seiner Begrenzungen bewusst sein sollte. Rust schreibt treffend: „Seelsorge ist kein Experimentierfeld! Immer geht es um Menschen, die von Gott geliebt und gewollt sind. Ein Seelsorger sollte das nicht vergessen!“ Weiter schreibt er treffend: „Gefährdet ist das Charisma immer da, wo sich der Gabenträger über den Geber stellt und aus der inneren Abhängigkeit zu Jesus fällt. Jede Seelsorgesituation ist und bleibt einzigartig, weil es sich um einzigartige Menschen handelt. Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass auch der beste Seelsorger selbst der Seelsorge, der Einbindung in den Leib Christi, der Ermahnung, des Trostes und der Ermutigung bedarf. Wenn die eigene Seelsorge zu kurz kommt, wird der seelsorgerliche Dienst zunehmend zur Last.“[3]
Die Gabe der Seelsorge kann enormen Segen mit sich bringen. Mit ihr geht aber auch eine große Verantwortung einher. Als Pastor bin ich Gott dankbar, dass er Menschen dazu befähigt, in diesem Bereich ein starkes Werkzeug Gottes zu sein. Ich weiß nicht wo Gemeinden stünden, gäbe es nicht diese treuen Menschen. Jeder Mensch, der sich für einen anderen Menschen Zeit nimmt, ist in unserer heutigen Gesellschaft besonders wertvoll. Viele sehnen sich nach einem offenen Ohr, jemanden der zuhört und mitfühlt. Die Gabe der Seelsorge kann enorm dabei helfen, dass Menschen mit Gottes Liebe in Berührung kommen, sowie Hoffnung und Hilfe empfangen. Daher möchte ich jeden ermutigen Gott zu bitten, dass er noch viele weitere Menschen mit dieser faszinierenden Gabe beschenkt.
Herzliche Segensgrüße
Jürgen Justus
[1] Rust, Charismatisch dienen, 170.
[2] Ebd.
[3] Ebd., 183.